Bianca Fladerer    Ausstattung

2010

Pünktchen und Anton

Von Erich Kästner

Städtische Bühnen Osnabrück gGmbh

Regie: Rosemarie Vogtenhuber
Bühne und Kostüme: Bianca Fladerer
Premiere: 18. Oktober 2010

Mit: Lieko Schulze, Axel Brauch, Neven Nöthig, Sabine Bräuning, Kristine Walther, Julia Köhn, Richard Barenberg, Alexandre Pierre, Heaven

 

Ein bisschen mehr Gerechtigkeit

Neue Osnabrücker Zeitung
Kritik: Anne Reinert

Osnabrück. Im Theater am Domhof hatte das Familienstück »Pünktchen und Anton« für Kinder ab sechs Premiere. Das Publikum war begeistert und gab einen sehr langen Applaus.

Lässt sich eine Großstadt wie Berlin auf die Theaterbühne bringen? Das klingt schwer. Regisseurin Rosmarie Vogtenhuber schafft das mit Leichtigkeit. In ihrer Inszenierung von »Pünktchen und Anton« lebt das Berlin der frühen 30er-Jahre auf.

In einer ungerechten Welt sorgen Pünktchen (Lieko Schulze) und Anton (Axel Brauch, links) für etwas Gerechtigkeit. Auch Dackel Piefke mischt dank Erzähler (Alexandre Pierre) im Familienstück mit. Foto: Uwe Lewandowski

Doch das eigentlich Wichtige in diesem Fall ist natürlich die Geschichte. Vogtenhuber und Dramaturg Jürgen Popig halten sich in ihrer Bühnenfassung eng an die 1931 erschienene Romanvorlage von Erich Kästner, in der es um Pünktchen und Anton, ein reiches Mädchen und einen armen Jungen, geht.

Beide Kinder sind auf ihre Art und Weise auf sich allein gestellt. Anton (Axel Brauch) muss sich um den Haushalt kümmern und Geld verdienen, weil seine Mutter krank ist. Pünktchen (Lieko Schulze) ist zwar materiell versorgt. Doch ihre Eltern haben keine Zeit für ihr Kind. Die Wohlstandsverwahrlosung lässt grüßen.

Obwohl sie reich ist, geht Pünktchen arbeiten. Ihr Kindermädchen Fräulein Andacht nimmt sie in Lumpen verkleidet mit auf die Straße, wo sie als Mutter und Tochter Streichhölzer verkaufen. Dabei sind sie erfolgreicher als Anton, der mit Schnürsenkeln Geld machen will. Rüde wird er von einem Passanten umgestoßen.

Ehrlichkeit wird bestraft, ließe sich daraus schließen. Doch dabei bleibt es nicht. Am Ende bekommt jeder, was er verdient. Pünktchen und Anton sorgen für ein bisschen mehr Gerechtigkeit in einer ungerechten Welt.

Jede Figur in dieser Geschichte steht für etwas. Da ist etwa der kriminelle Verlobte von Fräulein Andacht, der von Richard Barenberg schön schmierig gespielt wird. Oder das von Julia Köhn überzeugend zickig, aber naiv dargestellte Kindermädchen. Sabine Bräuning spielt zwei gegensätzliche Charaktere: Als Antons Mutter ist sie gutmütig, aber nicht immer gerecht. Als Frau Pogge spielt sie angenehm dezent die Etepetete-Haltung einer feinen Dame. Neven Nöthig ist als Direktor Pogge und als Lehrer Bremser streng, aber gerecht. Wunderbar ist Kristine Walther als resolute Berta, die mit dem entschlossenen Einsatz einer Bratpfanne der Gerechtigkeit zum Sieg verhilft. Axel Brauch und Lieko Schulze bringen die Gefühle von Pünktchen und Anton überzeugend rüber, ohne sie überdreht zu spielen.

Rosmarie Vogtenhuber bringt außerdem einen Erzähler (Alexandre Pierre) und einen Musiker (Heaven) ins Spiel, die durch die Handlung führen. Sie sorgen für Atmosphäre und übernehmen den einen oder anderen kleinen Part. Dank Alexandre Pierres Handpuppe kann sogar Dackel Piefke sich ins Geschehen einmischen.

Äußerst gelungen sind auch Bühne und Kostüme von Bianca Fladerer. Vor allem der clevere Einsatz ihrer Drehbühne mit den verschiedenen Schauplätzen sorgt dafür, dass Bewegung in das lebendige Berlin kommt. Stilistisch hat Fladerer sich von Bauhaus und Neuer Sachlichkeit inspirieren lassen, was der Ausstattung eine moderne Erscheinung gibt.

Rosmarie Vogtenhuber nutzt die Bühne geschickt für ihre gewitzte und fantasievolle Inszenierung. Mit Details wie Werbeplakaten für Direktor Pogges Spazierstöcke oder die Geräuscheinsätze der Musikmaschine sorgt sie außerdem für viel Lebendigkeit. Und auch wenn die Geschichte in der Vergangenheit spielt, ist sie in Zeiten von Hartz IV und wachsender Kinderarmut doch aktuell.


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